3. Oktober 2019
Nach drei Jahren bin ich endlich wieder zum Projekt nach Malawi geflogen – viel zu lange war ich schon nicht mehr dort gewesen. Mit jedem Skypegespräch mit dem Team in Malawi und jedem Erfahrungsbericht unserer Freiwilligen vor Ort wuchs das Gefühl, dass sich das Projekt immer weiterentwickelt und nicht mehr die kleine Nähstube von damals, sondern ein ansehnliches Ausbildungszentrum daraus geworden ist. Das Bild in meinem Kopf war jedoch immer noch die kleine Nähstube. Dies sollte nun durch meinen Projektbesuch auf den neusten Stand gebracht werden.
Die Herausforderungen und Angelegenheiten, die wir in Skypegesprächen diskutierten, sowie auch das Netzwerk, das sich über die Jahre in Malawi entwickelt hatte, machten mich neugierig darauf, nochmal vor Ort mitzuarbeiten. Gerade Alex, Mitgründer und Leitung auf malawischer Seite, wünscht sich seit Langem, dass wir uns nochmal vor Ort treffen und gemeinsam mit unseren Frauen an der Organisationsstruktur arbeiten. Denn was damals für ein kleines Projekt mit fünf Frauen wunderbar funktioniert hatte, musste nun an die Bedürfnisse von zwanzig Menschen, die als Angestellte oder Auszubildende mit unserem Projekt verbunden sind, angepasst werden.
Nach meinem siebzehnstündigen Flug kam ich im altbekannten Lilongwe an. Ein Schritt aus dem Flugzeug heraus und es roch nach Malawi. Es ist ein aufregender Geruch, den ich auch jedes Mal einatme, wenn eine neue Lieferung von wunderbaren Kleidungsstücken bei mir eintrifft. Er ist eine Mischung aus Sonne, Natur und dem Staub, der in der Trockenzeit das gesamte Land in ein schönes Rot färbt.
Alex holte mich am Flughafen ab und direkt am ersten Tag ging es ins Projekt. Ich hätte auch keinen weiteren Tag mehr warten können, ich wollte sehen, was ich mir ausgemalt hatte, und die Leute persönlich wiedersehen, mit denen ich bereits über Jahre sehr eng zusammenarbeite.
Ich war überrascht, dass so viele sich noch an mich erinnern konnten und dass die Wiedersehensfreude auf beiden Seiten so groß war. Umarmungen wurden ausgetauscht und ich wurde auf den neuesten Stand gebracht, wie es Familienangehörigen, Kindern und den Frauen selber geht. Ein schönes Gefühl, wieder beieinander zu sitzen und sich zu unterhalten.
Als ich zum letzten Mal im Projekt vor Ort gewesen war, stellten wir gerade Lexa, unsere Projektmanagerin, neu ein. Damals merkte man noch sehr, dass sie neu im Projekt war, wirkte zurückhaltend und unsicher. Als ich sie jetzt wieder traf war ich beeindruckt: Sie verkörpert genau die Ziele, die wir uns als Organisation gesetzt haben. Talente zu fördern und weibliche Vorbilder zu schaffen.
Denn sie ist eine hervorragende Managerin: Sie kennt ihre Angestellten, Vorgesetzten und unsere Schülerinnen genau mit ihren jeweiligen Stärken und Schwächen. Sie hat einen Überblick über die Tagesaktivitäten und bringt Struktur in den Workshop. Von der unsicheren, zurückhaltenden Frau ist keine Spur mehr und ich bin beeindruckt von der engagierten Managerin, die ich vorfand. Diese Entwicklung erfreut mich vor allem jetzt im Rückblick sehr und überzeugt mich, dass wir nicht nur mit dem Projekt im Allgemeinen auf dem richtigen Weg sind, sondern auch die richtigen Führungspersonen haben.
Die zwei Monate, die ich im Projekt arbeiten konnte waren sehr wichtig: Einfach vor Ort zu sein und sich mit den Menschen im Projekt auszutauschen, darüber, was sie sich wünschen, wo unsere Reise hingehen soll. Natürlich ist der Austausch mit der Führungsebene sehr rege, jedoch ist es fast unmöglich, diesen Dialog auch mit unseren Schülerinnen digital zu führen. Darüber hinaus kann nur der persönliche Kontakt ein internationales Team zusammenbringen und das Wir-Gefühl stärken, allein durch E-Mails oder Skypegespräche würde man das nie erreichen. Deshalb sind regelmäßige Projektbesuche unheimlich wichtig. Leider müssen sie jedoch immer aus eigener Tasche finanziert werden, weil es dafür keine institutionellen Förderungen gibt.
Meinen Bericht abschließen möchte ich mit einem Zitat aus dem Evaluationsgespräch einer unserer Auszubildenden: „Wir sehen, wie hart ihr in Europa arbeitet, um diese Ausbildungsstätte zur Besten zu machen. Deswegen arbeiten wir genauso hart, wir sind doch ein Team!“
In diesem Sinne freue ich mich auf die Zukunft und fühle mich geehrt, mit diesen beeindruckenden Frauen arbeiten zu dürfen!