Das Ausbildungsprogramm bei Taste of Malawi ist der Dreh- und Angelpunkt unseres Projekts und die Grundlage der Unterstützung, die wir den Schneiderinnen auf ihrem Weg in die finanzielle Unabhängigkeit bieten. Unsere Schneiderlehrerinnen in Malawi und Schneiderinnen aus dem Off-Site-Team arbeiten gemeinsam daran, den Lehrplan immer weiter zu optimieren, um den Frauen die bestmögliche Ausbildung zu ermöglichen.
Die Ausbildung umfasst zwei Lehrjahre, die nicht nur inhaltlich aufeinander aufbauen, sondern den Schneiderinnen auch unterschiedliche Rahmenbedingungen bieten.
Das erste Lehrjahr verbringen unsere Schülerinnen im Klassenraum. Dort lernen sie die Grundlagen der Schneiderei, wie man von Hand oder mit der Maschine näht, wie man Maß nimmt, zuschneidet und Materialmengen ausrechnet. Auch wie man mit Kund*innen interagiert und in einem Verkaufs- und Beratungsgespräch mit ihnen gemeinsam ihre Wünsche ausarbeitet lernen sie. Außerdem steht Englisch, das neben Chichewa die zweite Sprache vieler Frauen ist, auf dem Lehrplan. Manche Schneiderinnen bringen bereits handwerkliche Vorkenntnisse mit, andere sind noch völlige Neulinge. Am Ende des ersten Jahres sind sie aber alle auf einem Stand.
In Level One bezahlen die Frauen ihre Ausbildung mit einem kleinen Betrag. Das wirkt auf den ersten Blick vielleicht widersprüchlich in einem gemeinnützigen Projekt, aber in der Vergangenheit haben wir festgestellt, dass viele der Frauen, die die Ausbildung bei Taste of Malawi angefangen haben, schnell die Lust daran verloren und sie nicht so ernst nahmen – wenn es nichts kostet und sie nichts verdienen, was spielt es dann für eine Rolle, ob man täglich zum Unterricht kommt?
Seitdem wir das Unterrichtsgeld eingeführt haben, sind alle, die sich für die Ausbildung entscheiden, auch wirklich motiviert und bleiben dabei. Natürlich gibt es in einem armen Land wie Malawi auch Familien, die sich selbst die kleine Gebühr nicht leisten können. Für solche Fälle möchten wir ein Stipendium einrichten. Momentan arbeiten wir an dem Bewerbungs- und Auswahlverfahren dafür.
Im zweiten Lehrjahr geht es aus dem Klassenzimmer ins Atelier. Dort arbeiten die Schülerinnen an den Produkten für unsere eigene Marke INO und für andere Auftraggeber*innen. Dabei vertiefen sie ihre Kenntnisse und werden nicht nur von den Schneiderlehrerinnen, sondern auch von anderen Schneiderinnen, die selber vorher unsere Schülerinnen waren, angeleitet und betreut.
Für die Arbeit an den Produkten, mit deren wir das Projekt finanzieren, werden die Schneiderinnen aus Level Two natürlich auch mit einem kleinen Gehalt entlohnt.
Am Ende eines Jahres erhalten die Schneiderinnen ein Zertifikat über ihre Ausbildung von TEVETA (Technical Education, Vocational and Entrepreneurship Training Authority), mit dem sie anderen Arbeitgeber*innen oder eigenen Kund*innen gegenüber ihren Wissensstand belegen können. Die Übergabe der Zertifikate wird natürlich gebührend gefeiert!
Wenn die Schülerinnen die zweijährige Ausbildung erfolgreich abgeschlossen haben, werden sie gerne als fest angestellte Schneiderinnen von Taste of Malawi übernommen. Dann arbeiten sie weiterhin im Atelier an Produkten für INO und an anderen Aufträgen, erhalten aber einen höheren Lohn.
Im Rahmen der Covid-Pandemie haben wir 2020 eingeführt, dass unsere angestellten Schneiderinnen eine Krankenversicherung erhalten. Mit 6€ im Monat können wir in Malawi schon eine Person versichern und darauf, dass wir das stemmen und unseren Schneiderinnen so etwas mehr Sicherheit geben können, sind wir sehr stolz!
Finanzielle Unabhängigkeit bedeutet nicht zwingend Selbstständigkeit. Unser Ziel ist es, den Schneiderinnen in der Ausbildung alles zu vermitteln, was sie theoretisch bräuchten, um nach den zwei Jahren ihre eigene Schneiderei zu eröffnen. Es hat sich jedoch gezeigt, dass das Projekt für die meisten Frauen einen attraktiven und sicheren Arbeitsplatz darstellt und sie deswegen gerne weiter bei Taste of Malawi arbeiten. Und auch wir freuen uns natürlich darüber, wenn sie uns als erfahrene Schneiderinnen erhalten bleiben und die nächste Generation von Schülerinnen auf ihrem Weg unterstützen. Schließlich sind sie am Ende der Ausbildung über zwei Jahre hinweg Teil der Familie geworden und die Gemeinschaft im Atelier stellt für die Frauen einen wichtigen Teil ihres sozialen Umfelds dar.